Energie aus der Gemeinschaft

23. Juni 2025
Frage & Antwort. Wie sogenannte Energiegemeinschaften rechtlich geregelt sind, wer sie gründen darf, wer sie kontrolliert und welche Verwaltungskosten Mitgliedern verrechnet werden können. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Energiegemeinschaften versprechen günstigere Stromtarife und geringere Netzabgaben, nach dem Bekenntnis der Politik sind sie ein wichtiger Faktor auf dem Weg zur Energiewende. „Mit dem aktuell geplanten EIWG 2025, dem Elektrizitäts-Wirtschaftsgesetz, dessen Umsetzung jetzt wieder Fahrt aufgenommen hat, sollen Energiegemeinschaften weiter gestärkt werden, wobei ein schriftlicher Gesetzesentwurf noch nicht publiziert wurde“, sagt dieGrazer Anwältin Stefanie Werinos, Partnerin bei PHH Rechtsanwält:innen. Österreich habe eine gute Basis geschaffen, um Energiegemeinschaften zu fördern.
Wie können Energiegemeinschaften organisiert sein?
ANTWORT: Grundsätzlich sind zwei Modelle möglich, wie Werinos sagt: Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften. Die Hauptunterschiede zwischen diesen beiden Formen sind die Lokalität und die Energieform. Eine Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft kann alle erneuerbaren Energien gemeinsam nutzen, unter der Prämisse, dass es sich um eine lokale Anlage handelt, die alle Mitglieder auf kurzem Weg mit der produzierten Energie versorgt. Dazu können sich natürliche Personen, Gemeinden, Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Rechts zusammenschließen, um etwa gemeinsam die Energie einer Biomasseanlage, ein Windkraftwerk oder eine PV-Anlage zu nutzen.
Im Gegensatz dazu geht es bei einer Bürgerenergiegemeinschaft ausschließlich um Strom, es gibt jedoch keine räumliche Begrenzung, sagt Werinos. Rechtlich gesehen seien beide Energiegemeinschaften sehr ähnlich ausgestaltet. „Ihr Hauptzweck darf nicht in der Erwirtschaftung von Gewinnen liegen, sondern vorrangig darin, ihren Mitgliedern oder den Gebieten, in denen sie tätig ist, ökologische, wirtschaftliche oder sozialgemeinschaftliche Vorteile bei der Energieversorgung zu bringen. Sie müssen damit gemeinnützig sein.“
Am häufigsten treten Energiegemeinschaften als Vereine oder Genossenschaften auf? Wann empfiehlt sich welche Variante?
ANTWORT: Beide Rechtsformen haben den Vorteil, dass sie sich für gemeinnützige Zwecke sehr gut eignen. Vereine haben den Vorteil, dass sie in der Gründung und der Organisation wenig Aufwand und Kosten verursachen, erklärt die Juristin. Zudem gibt es bei der Besteuerung eine Begünstigung bei Gemeinnützigkeit. Auch die vereinfachten Rechnungslegungsvorschriften würden für die Gründung eines Vereins sprechen. „Allerdings – und das ist gerade bei einer Energieanlage ein Nachteil – haften die Vereinsorgane für die Schulden des Vereins.“
Eine Genossenschaft kann mit einer Haftungsbeschränkung versehen sein, was die persönliche Haftung der Leitungsorgane begrenzt. „Sie hat dafür einen höheren Aufwand in der Gründung und Organisation.“ Alle Genossenschaften sind zwingend Mitglied in einem Revisionsverband, und sie haben die Verpflichtung, einen Jahresabschluss zu erstellen sowie alle zwei Jahre eine Revision durchführen zu lassen. „Diese erhöhten Berichtspflichten ermöglichen aber auch ein engmaschigeres Monitoring.“ Welche Form wann geeignet ist, hängt, wie die Rechtsanwältin betont, aber sicher von den handelnden Personen, der Größe der Energiegemeinschaft und der Größe der Energieanlage ab.
Was braucht man für die Gründung einer Energiegemeinschaft?
ANTWORT: Für die Gründung benötigt man ein Gründungsdokument sowie die Beitrittsverträge mit den Mitgliedern oder Gesellschaften. Insbesondere sollten darin folgende Punkte geregelt sein, wie Werinos rät: Beschreibung der Erzeugungsanlage, Anteil der teilnehmenden Netzbenutzer (Mitglieder) an der Erzeugungsanlage sowie die Aufteilung der erzeugten Energie, weiters Nutzung der nicht verbrauchten Energie, Kostenaufteilung aus Betrieb, Erhaltung und Wartung sowie Datenverwaltung, Bedingungen für Mitgliedschaft, Bedingungen für die Beendigung / Auslösung der Energieanlage sowie Haftung und allfällige Versicherungen.
Wieweit darf ein Verwaltungsaufwand verrechnet werden?
ANTWORT: Energiegemeinschaften sind gemeinnützig, das heißt aber nicht, dass kein Verwaltungsaufwand entsteht. Diese sollte marktüblich und nachvollziehbar sein und in den Gründungsdokumenten dokumentiert sein bzw. entsprechend kommuniziert werden. Insgesamt profitieren die Mitglieder jedoch vom günstigeren Netzbetrieb und günstigeren Energiekosten.
Welche Hürden tun sich bei der Gründung auf?
ANTWORT: „Eine Hürde ist sicher die Energieproduktion selbst, also die Errichtung der Anlage und das Einspeisen ins Energienetz“, erklärt Werinos. Eine gute Planung sowie die Einbindung von Experten sei auf jeden Fall dringend anzuraten. „Schließlich kostet eine Energieanlage viel Geld und muss zwar keine Gewinne, aber zumindest eine Kostendeckung erzielen.“ In der Praxis habe sich gezeigt, dass es gerade bei größeren Energieanlagen auf mehr ankommt als Idealismus. Nicht zu unterschätzen seien etwa der Aufwand und die Kosten für die Errichtung, den Betrieb und das Management solcher Energiegemeinschaften. Zudem habe die Energiegemeinschaft auch folgende Pflichten: Bereitstellen des Netzwerkbetriebs (Konzession für Netzbetreiber), Betrieb der Anlage, Verkauf des überschüssigen Stroms und Einspeisung ins Netz, Abrechnung. Es braucht also Personen im Vorstand dieser Energiegemeinschaften, die ein entsprechendes Know-how haben. Oder die Energiegemeinschaft kauft sich externes Know-how ein, etwa durch einen professionellen Errichter und Betreiber. Allerdings braucht es für einen professionellen Betrieb auch eine gewisse Größe.
Kann ein Energieunternehmen, das ja weiterhin für die Grundversorgung mit Strom aufkommt, wenn jemand bei einer Energiegemeinschaft ist, die Abnahme von Mindestmengen vorschreiben?
ANTWORT: „Nein, es besteht ein Diskriminierungsverbot und ich vertrete die Meinung, dass dieses in der kommenden Novelle noch expliziter ausformuliert werden wird“, sagt Werinos.
Kann man mehreren Energiegemeinschaften beitreten?
ANTWORT: Das ist nicht verboten. Eine Person kann Mitglied in mehreren Energiegemeinschaften sein. Auch darf eine Erneuerbare-Energie-Anlage mehreren Energiegemeinschaften zugeordnet sein.
Welche Steuervorteile sind für Energiegemeinschaften vorgesehen?
ANTWORT: Aufgrund der Gemeinnützigkeit gibt es Steuervorteile bei Vereinen. Zu Genossenschaften sagt die Rechtsanwältin: „Sie profitieren bei Abgaben wie Umsatzsteuer, Elektrizitätsabgabe und Ökostromförderbeitrag für die (lokale) Stromübertragung innerhalb von den Energiegemeinschaften sowie von der Abschreibung der Anlage.“
Zuerst erschienen: Kleine Zeitung, 22.6.2025
Autorin: Daniela Bachal